Gedenktafel für das Storchenhaus
Das Storchenhaus in der Ludwigstraße wurde 1758 erbaut und hat eine bewegte Geschichte. Als Bauschöpfung des berühmten markgräflichen Baumeisters Carl Gontard wurde es durch das Schicksal seiner späteren jüdischen Besitzer, der Kaufmannsleute Josef und Rosette Weinberger und durch die Umstände des Zwangsverkaufs an die evangelische Kirche zu einem stummen Zeugen einer dunklen Geschichte.
Rosette Weinberger (geb. 1865) und Josef Weinberger (geb. 1861) und die jüdischen Kaufleute wohnten hier bis zu ihrer Deportation im Januar 1942. Sie wurden in Theresienstadt am 24.09.1942 bzw. am 27.01.1943 ermordet.
2009 enthüllte Dekan Hans Peetz eine Haustafel am Storchenhaus zum Gedenken an das Ehepaar Weinberger, die 1942 und 1943 in Theresienstadt ermordet wurden und an den ehemaligen Reichstagsabgeordneten der SPD und Hausbewohner Friedrich Puchta, der 1945 aufgrund der Internierung im KZ Dachau verstarb.
Kleinod mit Schattenseite
250 Jahre Storchenhaus: ein Rückblick
von Heike Schwandt, Nordbayerischer Kurier 06.03.2009, in Auszügen
Es sei „ein Kleinod“, urteilte der Historiker Norbert Aas in seinem Vortrag aus Anlass des 250-jährigen Bestehens des Storchenhauses in der Ludwigstraße 29. Die in diesem geschichtsträchtigen Gebäude beheimatete Evangelische Familien-Bildungsstätte lud anlässlich dieses Jubiläums neben dem Vortrag am Freitag zu einem Tag der offenen Tür mit Hausführungen am Sonntagnachmittag ein. …
Die Geschichte des Hauses begann im Jahr 1758, als der am markgräflichen Hof angestellte Johann-Dietrich Spindler das Haus von dem Architekten Gontard bauen ließ. Der eigenartige, fast dreieckige Grundriss des Hauses ist auf die Form des damals bebaubaren Grundstücks zurückzuführen.
Das „Spindlerhaus“ wechselte in seiner frühen Vergangenheit mehrmals den Besitzer. Ende des 19. Jahrhunderts kaufte es der jüdische Kaufmann Josef Weinberger von Leopold Würzburger. Mit der Nazizeit brachen dunkle Zeiten für das Haus, seine Besitzer und Bewohner an. 1940 musste die Familie Weinberger zwangsweise das Haus an die evangelische Kirche verkaufen, zu einem Preis von 42 000 Reichsmark. …
Zynisch ließen die Nazis die Kaufsumme auf ein Sperrkonto einzahlen mit dem Hinweis, das Geld diene für einen „Altenheimplatz in Theresienstadt“ für das Ehepaar Weinberger. 1941 wurden die beiden über Achtzigjährigen nach Bamberg „umgesiedelt“, 1942 in das Konzentrationslager Theresienstadt verschleppt, wo sie 1942 und 1943 starben. Als die beiden in die USA geflüchteten Söhne Max und Leo Weinberger nach dem Krieg das Haus von der Kirche zurückforderten, erhielten sie 1946 einen Brief von Pfarrer Glaser, indem er sie aufforderte, auf die Rückforderung zu verzichten. Nach einem Rechtsstreit einigte man sich 1953 auf einen Vergleich: Die Söhne erhielten als Entschädigung 7500 Dollar.
Wie die Geschichte des Hauses nach dem Krieg weiterging, davon erzählte die Zeitzeugin Maria Schmeußer in bewegenden Erinnerungen. Auf der Suche nach einer Tätigkeit nach Kriegsende traf die damals 17-Jährige den Buchbindermeister Heckel, der im zweiten Stock des Storchenhauses ein Hilfswerk für Flüchtlinge und Kriegsopfer gegründet hatte. Heckel sei ein „Genie im Organisieren“ gewesen, erzählte sie. Aus dem Stadthilfswerk entwickelte sich die Stadtmission und später die Diakonie, bevor das Haus zur heutigen Evangelischen Familien-Bildungsstätte mit Mehrgenerationenhaus wurde, das auch Heimstatt des Evangelischen Jugendwerkes, des Jugendcafés Adebar und der Evangelischen Landjugend ist. Mit diesem Wochenende soll die Gedenkarbeit nicht abgeschlossen sein. Nach Möglichkeit soll nach den Erben der Familie Weinberger geforscht und Kontakt aufgenommen werden. Und es wurden schon an diesem Abend Ideen entwickelt, wie auf das Schicksal der ehemaligen jüdischen Besitzer besonders aufmerksam gemacht werden könnte.
Umbau des Storchenhauses im Jahr 2004/2005
2004 wurde ein die Sanierung und der Umbau des Storchenhauses dringend notwendig.
Geburtsvorbereitungskurse, Rückbildungskurse – hier mit Birgit Boeckh-Behrens (Foto), Eltern-Kind-Angebote wie die Miniclubs und viele andere Kursangebote ließen die Familien-Bildungsstätte „aus allen Nähten platzen“. Es gab keine Neben- oder Abstellräume, dazu nur ein „Minibüro“, das heute als Material- und Abstellraum genutzt wird.
Erst durch den Auszug des CVJM aus dem 1. OG des Storchenhauses wurde 2004/2005 die notwendige Erweiterung und Sanierung der Räumlichkeiten für die Familien-Bildungsstätte möglich durch das Architekturbüro Becher und Partner möglich.
Damit verbunden waren auch die Sanierung des barrierefreien Innenhofs mit Zugang zur Verwaltung und den Kursräumen und der Anbau eines modernen Anmeldebereichs mit Anmeldetheke. Im künftigen Leitungsbüro wurde eine Tür zugemauert. Im zugemauerten Türrahmen gestaltete die Keramikerin und Kursleiterin der Töpferkurse Anne Krause einen Storchenbrunnen.
Interkulturell und bunt: Das Storchencafé im Storchenhaus
EG Gymnastik- und Bewegungsraum im des Storchenhaus, 1. OG Malprojekt „Mutter und Kind“ mit dem Markgräfin-Wilhelmine-Gymnasium unter Leitung von Katrin Buchzik-Weber